Raz Ohara And The Odd Orchestra - II (Get Physical Music 033)

Raz Ohara und sein Odd Orchestra sind zurück mit ihrem zweiten Album auf Physical, getauft auf den schlichten Namen II. II ist ein warmes, organisches und avantgardistisches Gesamtkunstwerk voll freimütiger Popmusik, die vor Lebensbejahung nur so sprüht; man könnte auch sagen: eine grenzenlose Landschaft voller Freude, voller Möglichkeiten, die es zu entdecken und in denen es sich zu verlieren gilt. Die Anfänge des Albums gehen zurück ins Jahr 2008, als Raz mit Gitarrist Tom Krimi auf dessen Terrasse spontan herum improvisierte. Diese entspannte und natürliche Art Musik zu machen lag beiden sehr gut, und bald beschlossen sie, zusammen noch einen Schritt weiter zu gehen: raus aus der Großstadt und raus aufs Land, um dort ihre Stücke zu schreiben und aufzunehmen. Man kann sie förmlich riechen, die frische Brise, die durch II weht, und die Fliegen und die Bienen, wie sie durchs Unterholz summen. Das Aufnehmen selbst war einfach: Raz hat erst die Rhythmen programmiert, um sich selbst und Tom einen Takt vorzugeben, um den sie herumjammen, ein paar Akkorde auf einer Akkustikgitarre oder einen Basslauf spielen konnten; Tom improvisierte dazu auf seiner Effektgitarre und auf einer vierspurigen Loop Maschine. Diese Sounds wurden anschließend weiter entwickelt, neu arrangiert und verfeinert durch Raz und seinen langjährigen Freund und Kollegen Oliver Doerell (der schon am Vorgängeralbum mitgewirkt hatte und unter den Pseudonymen Dictaphone und Swod auf dem City Centre Offices Label veröffentlicht), um dem Ganzen den echten Odd-Orchestra-Schliff zu geben. Deutlich auf dem Album zu spüren sind Einflüsse der Musik, die Raz auf Besuchen kleinerer Festivals rund um Berlin inspirierte: Folk- und Zigeunermusik, die zwar nicht clubbig ist, aber nichtsdestoweniger die Leute begeistert und zum Springen und Tanzen bringt. Raz wagte sich weiter vor ins Dickicht des Waldes und machte sich daran, die volle Bandbreite und Dynamik seiner Stimme zu erkunden. Das Ergebnis ist der organischere, expressivere und ganz einfach beschwingtere Singstil von II. Dadurch, dass Raz Ohara And The Odd Orchestra die Melodien ganz natürlich auf sich einströmen ließen und eben nicht angestrengt oder mechanistisch nach ihnen suchten, ging ihnen der gesamte Kompositionsprozess einfach und direkt von der Hand. Innerhalb weniger Tage war bereits die Hälfte des Albums auf Band. Auf dem Album sind fast durchweg die Vocals der allerersten Takes zu hören ? Raz war sehr daran gelegen, die flüchtige Magie einer neuen Melodie einzufangen, um sich dieses starke Gefühl zu bewahren, das durch das ständige Aufnehmen und wieder Aufnehmen unweigerlich verloren geht. Als Opener zieht einen das melancholische, cineastische Eröffnungsstück ? eines von drei großartigen Instrumentalbridges ? in seinen Bann, bevor man sich direkt in ?The Burning (Desire)? wiederfindet, das jazzige Shuffle-Beats mit einer doppelten Bassspur, knackigen digitalen Sounds und mehrspurigen Raz-Vocals kombiniert. Dieses Stück ist offener, lebendiger als alles, was man bisher von Raz Ohara gehört hat, und dennoch nicht minder persönlich. Das looplastige ?Losing My Name? mit seinen psychedelischen Gitarrensounds und die wunderschön arrangierte Ballade ?Varsha? sind facetten- und wechselreiche Stücke, die auf großartige Weise die idyllische, abgelegene Waldlandschaft bildhaft heraufbeschwören, in der sie entstanden sind. ?Wildbirds?, ein leuchtend bunter, dichter Flickenteppich von sich überlagernden Vokalharmonien, Gitarren, Tonarten und Streichern, ist sicherlich der ungewöhnlichste Song des Albums. Nicht weniger beeindruckend ist ?Kingdom? mit seinen rückwärtslaufenden Effekten, martialischen Beats und wunderschönen Xylophon-Loops. Das Album schließt mit der schwermütig-optimistischen, stimmungsvollen Melange von ?Praise The Day (No One Owes You Nothing)?. II ist ganz klar weniger melancholisch als das Vorgängeralbum ? es vermittelt eine positive Atmosphäre und lebt von der Energie der Rhythmen, des Sommers und der freien Natur ?, ohne jedoch euphorisch zu werden. Denn unterschwellig spürt man immer diese gewisse Vorsicht und Beklommenheit. Es ist die emotionale Mischung, die das Album so kraftvoll macht, besonders in Verbindung mit dem ebenso vieldeutigen musikalischen Mix, der auf kunstvolle Weise Folk, klassischen Pop, elektroakustische Experimentierfreude und moderne elektronische Elemente miteinander verschmelzen lässt.

TRACKLIST CD:
01 Fragment I
02 The Burning (Desire)
03 Losing My Name
04 Varsha
05 Wildbirds
06 Fragment II
07 The Day You Suffered Helpless Out Of Reach And All Lines Were Dead
08 Kingdom
09 Fragment III
10 Praise The Day (No One Owes You Nothing)

Quelle: http://www.myspace.com/razoharaandtheoddorchestra
Eintrag vom: 27.08.2009


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